Romanwerkstatt

        17

Mein Tanz auf der Tastatur kommt, wenn ich ehrlich bin, alles andere als virtuos daher. De facto sind jämmerliche vier Finger und ein Daumen daran beteiligt. In den letzten Jahren hab ich mühselig versucht, noch einen fünften, den linken kleinen Finger und/oder den Ringfinger nämlich, ins Boot zu holen und über die Tastatur huschen zu lassen. Für die Shift-Taste, fürs A. Gelingt mehr schlecht als recht. Hauptleid- und Story-voran-Tragende sind und bleiben die Zeige- und Mittelfinger.

Keine Ahnung, wie viele Seiten die sich schon zusammengetippt haben. Ich weiß nur, dass es meine Textdateien auf insgesamt 2 Milliarden Bytes (genau genommen, Stand heute: 1.966.911.488 Bytes) bringen, was immer das heißen mag. Unter normalen PC-Bedingungen wäre das – soweit ich weiß, und das ist nicht gerade mein Paradewissensgebiet; man möge mich also korrigieren und eines Besseren belehren! – gleichbedeutend mit 2 Milliarden Buchstaben. Keine Ahnung, wie viel 2 Milliarden Buchstaben bei Lichte besehn sind, aber hört sich viel an. Finde ich und schlage mir mal eben kurz auf die Schulter.

Nehmen wir mal die fast 100 Radiofeatures bei durchschnittlich jeweils 3 Fassungen à 45 Manuskriptseiten und je 100 Seiten engzeilig beschriebenen O-Ton-Protokollen: Macht allein schon mal 23.500 Seiten. Plus 2000 Seiten Hörspiele mal, was weiß ich, wie viel Fassungen. Plus 200 Seiten Romane. Plus, ich weiß nicht, wie viele Seiten die kleinen Radiobeiträge und ihre flankierenden O-Ton-Abschriften verschlingen und verschlungen haben.

Das Ganze zu Zeiten des Computereinsatzes, also in meinem Fall seit Anno Domini 1993. Damals nämlich stand meine Schreibmaschine im Zimmer direkt neben dem meines Töchterchens, so dass Nellys zartes Mittagsschläferchen regelmäßig aus der wohlverdienten Ruhe geklappert wurde. Ich musste mir also was einfallen lassen und verfiel auf die damals so ganz allmählich bis zügig um sich greifende elektronische Datenverarbeitung, wie man diese Hexenmaschinerie sperrig und ehrfürchtig nannte.

Wie viele Seiten ich in den zwanzig Jahren zuvor der mechanischen Schreibmaschine, zuerst jener namens 'Erika' und dann jener namens 'Adler', abgetrotzt habe, entzieht sich tatsächlich meiner Kenntnis und dürfte dank der Entsorgungsaktionen im Zuge meiner diversen Umzüge auch nicht mehr zu rekonstruieren sein.

Lassen wir's also so stehn. Ich verkneife es mir, die Gesamtzahl der Anschläge auszurechnen. Auch nicht ungefähr, auch nicht überschlagsweise. Ich hatte und habe jedenfalls der Möglichkeiten genug, der Menschheit, so weit sie Kenntnis davon bekommt beziehungsweise nimmt, Schrott zu hinterlassen. Und hoffentlich auch was Munteres. Egal, müssen andere beurteilen.

Auf alle Fälle haben diese vier geplagten Fingerkuppen so Einiges auf dem Buckel. Müssen schließlich auch mal lobend erwähnt werden. Ehre, wem Ehre gebührt. Hiermit verneige ich mich also bodentief vor meinen Griffeln, vor meinen dünnen Schreibtischfingern. Die, fürchte ich, weniger vom Leben gesehn, als sich ausgedacht haben. Kleine Parallelwelten in Datensätze umgesetzt und im Tippen berichtigt, ergänzt und reduziert, weitergesponnen, ausgeschmückt und rausgeschmissen haben. Die die Chose haben ausufern lassen, um sie anschließend gnadenlos zusammenzustreichen.

Eine hochwichtige Instanz, die wegfallen würde ohne handschriftliches Vorab. Also, keine Frage, überhaupt keine Frage!

von Ulrich Land (Kommentare: 1)

Zurück

Kommentare

Kommentar von Ulrich Land |

Eigenkommentar im Sinne einer Berichtigung im Sinne des Pressegesetzes:
Der Satz "Plus 200 Seiten Romane" ist unvollständig. Es gibt inzwischen 7 veröffentlichte Romane aus meiner Feder mit jeweils ca. 220 Manuskriptseiten. Ungefähr auf diese Zahl wird's auch die "Krätze" bringen. Zuzüglich des Glossars mit Kochrezepten, jedenfalls bei den Krimis, die in der Reihe "Mord & Nachschlag" des Oktober Verlags erschienen sind. Sind wir also bei übern Daumen 1.500 Seiten. Verdammte Hacke, hab ich noch nie ausgerechnet.

Einen Kommentar schreiben